SatzLehrgang – Hans Peter Reutter
Kadenzen aus der Generalbasszeit: Cadenza
doppia
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Eine Form der Kadenz, die in dieser Form schon aus der Vokalpolyphonie bekannt ist und am Beginn der Barockzeit bei Heinrich Schütz und Zeitgenossen besonders beliebt war, wurde im italienischen Partimento als Cadenza doppia bezeichnet. Mit dem „Doppelten“ war wohl neben der zeitlichen Ausdehnung vor allem die Verdopplung der Diskantklausel, also das zweimalige Vorkommen des Leittones auf den Zählzeiten 1 und 4 gemeint.
Diese Kadenz kann in allen Lagen gespielt werden:
Sie empfiehlt sich besonders für Situationen, in denen ein besonders deutlicher Einschnitt gesetzt werden soll, etwa am Ende eines großen Formteils, zum Abschluss einer ausgedehnten Sequenz etc. Außerdem sollte sie eingesetzt werden, wenn in einem periodisch gebauten Stück (also in 4- und 8-Taktern komponiert) genau 2 Takte zur Erfüllung der Taktanzahl fehlen – eine Cadenza lunga dauert je nach rhythmischer Formulierung oft nur 1 - 1 ½ Takte.
Obwohl sie in den meisten Fällen mit dem unvollständigen Dominantseptklang beginnt, kommt die Cadenza doppia auch in folgender Version ohne Septe vor:
Literaturbeispiele aus der Geistlichen Chormusik (1648) von Heinrich Schütz:
Nr. 22 „Unser Wandel ist im Himmel“
Wörtlich das Modell der Cadenza doppia nach C (Modus der Motette ist a-dorisch) in doppelten Notenwerten. Die Sechsstimmigkeit und die polyphone Gestaltung erzeugt Verdopplungen und weitere Stimmführungen in den Mittelstimmen. Eingeleitet wird die Kadenz durch einen Quintfall <Link>.
Nr. 14 „Tröstet, tröstet mein Volk“
Oft bildet die Cadenza doppia den wirkungsvollen Abschluss einer gesamten Motette, hier in der Version ohne Septvorhalt. Wie noch in der Barockzeit üblich, endet das Stück (a-dorisch) mit picardischer Terz, also in Dur.
Nr. 11 „Das ist je gewisslich wahr“
Hier eine Version mit Septvorhalt (die Doppia beginnt in Takt 18), allerdings wird der Leitton gis erst auf der letzten Halben T. 19 eingeführt, die Kadenz beginnt somit mit einem e-Moll-Septakkord – es zeigt sich wiederum, dass damals nicht die Harmonik, sondern die Stimmführung die musikalische Komposition motivierte.
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Aktualisierung 02.06.12
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